POLLUX

Dresden

Firmenlobby, nmd Dresden, seit 2004, Cibachrome-Dia vor Lichtwand, 2,30 x 7 Meter

POLLUX

Eine “schöne Landschaft” wollte der Chef der Dresdner Firma nmd für seinen neuen Firmensitz, der 2002 bei der Jahrhundertflut untergegangen war. Nach dem Wiederaufbau sollte sie in der Lobby leuchten.

Ich bat den alten Herrn, einen Tag mit mir in Dresden zu verbringen, was ihn wohl zunächst verblüfft und dann gefreut hat. Er hat mir die Reste vom alten Firmensitz und sein Elternhaus nebenan gezeigt, die Schule gegenüber, in die er als Junge ging, und den Keller unter dem Neubau. Im Elternhaus klafften die Einschusslöcher aus dem letzten Krieg, im Keller hatte mein Auftraggeber das Bombardement der Engländer überlebt, und in der Schule war nach der Bombennacht der Platz neben ihm frei, weil sein Freund verbrannt war. Wie hätte ich an einen Ort mit dieser Geschichte “eine schöne Landschaft” pflanzen sollen?

Nach wochenlangem Überlegen beschloss ich, den Auftrag abzulehnen, es sei denn, ich dürfte die Geschichte – z.B. in Gestalt des zerschossenen Elternhauses – mit einbauen. Darauf der Firmenchef am Telefon: “Ich habe mich nicht getraut, Sie danach zu fragen.”

Für den ersten Teil der Arbeit habe ich das Elternhaus photographiert, für den zweiten am “Krönungs-Tag” der Frauenkirche mit Kamera, Handy und Mitarbeitern das höchste Haus der Stadt bestiegen. Die Kuppel der Kirche, die beim Angriff der Engländer zerstört worden war, kam als Geschenk aus England zurück und sollte an diesem Tag feierlich aufgesetzt werden. Diese Szene, verbunden mit dem Elternhaus, wollte ich als leuchtendes Panorama in die Firmen- Lobby einbauen. Natürlich mit blauem Himmel.

Vor der Kirche hatte ich den Firmenchef mit Telefon postiert, der wiederum mit dem leitenden Ingenieur der “Krönung” verbunden war, so dass wir auf dem Hochhaus erfahren konnten, wann die Kuppel, die bereits am Haken eines Krans über der Kirche schwebte, aufgesetzt wird. Je nach Windgeschwindigkeit an der Kirche konnte es ganz schnell gehen oder noch Stunden dauern. Und ich wollte genau den Augenblick erwischen, an dem die Krone ganz knapp vor dem Aufsetzen über dem Kirchturm schwebt.

Über uns zog ein Gewitter auf, wir hatten Mühe, den ersten Sturmböen standzuhalten, einer hielt die Kamera fest, der andere fragte beim Firmenchef an der Kirche nach, wie lang es noch dauert. Der verstand unsere Ungeduld nicht: über der Kirche war noch blauer Himmel. Die ersten fetten Regentropfen klatschten auf die Kamera, ein Mitarbeiter hielt einen provisorischen Regenschirm darüber, der andere telefonierte, und ich hatte den Finger am Auslöser.

Allerdings war in dem Augenblick, als die Kuppel endlich die letzten Meter auf die Kirche niederschwebte, auch dort schon dunkelgrauer Himmel, so dass ich für die “schöne Landschaft” auch den Himmel besänftigen musste.